15. März 2022
Perfektionismus hat in unserer Arbeitswelt zwei Gesichter. Immer wieder bezeichnen Menschen sich als Perfektionist:innen und tun selbstkritisch dabei, wollen aber eigentlich sagen: „Guck mal, wie sehr ich mich anstrenge!“ Und hey – kein Vorwurf! Das hab ich sicherlich auch schon oft genug gemacht. Aber ich sehe mehr und mehr ein, wie unsinnig Perfektionismus ist.
Alles perfekt machen zu wollen, kostet Nerven, Zeit und letztlich Geld. Bestimmt hast du von der 80-20-Regel gehört oder gelesen. Wenn etwas zu 80 Prozent gelungen ist, sollten wir es so stehen lassen. Es ist gut genug. Für die restlichen 20 Prozent zum perfekten Ergebnis brauchen wir nämlich 80 Prozent der Zeit. Das klingt nicht besonders effizient.
Ich habe mich neulich erst mit jemandem unterhalten, der die Sozialen Medien für ein Unternehmen betreut. Zugegeben: ein größeres Unternehmen. Trotzdem gilt auch für große Firmen derselbe Rahmen, wenn es um Instagram und Facebook geht:
Zurück zu dem Bekannten aus dem Social Media-Marketing: Er hat sich bei mir darüber beschwert, wie lange es dauert, Videos für Facebook oder Instagram zu produzieren. Ich habe kurz überschlagen, wie viel Zeit ich wohl für mein letztes Reel gebraucht habe (alles in allem vielleicht … 15 Minuten?).
Aber dann hat er mir erklärt, wie sie Videos für die Sozialen Medien drehen: Sie haben sich extra Equipment angeschafft. Eine hochwertige Kamera, ein Mikrofon und so weiter. Damit drehen sie im Grunde kleine Hollywood-Filme. Mehrere Einstellungen und Szenen, viele Minuten Material und viele hundert MB Daten. Das Verrückteste daran ist: Sie haben gar keine eigene Marketing-Abteilung, sondern machen das alles nebenbei, zusätzlich zu ihrer „eigentlichen“ Arbeit.
Das kostet natürlich irre viel Zeit, das zu filmen, zu übertragen, zu sichten, zu schneiden. Außerdem braucht man einen Rechner, der das gut verarbeiten kann, und die nötige Software. Klar, das kann man machen, wenn man genug Leute und dafür hat und das Geld ausgeben will. Und sicherlich kann man so einen coolen Image-Film für Website und YouTube produzieren, den man auf Instagram und Facebook zweitverwerten kann.
Aber nötig ist das alles nicht. Oft wahrscheinlich nicht mal besonders sinnvoll. Meine Beobachtung ist zumindest, dass gerade die Hochglanz-Beiträge, die Image-Filme und durchgestylten Profi-Grafiken am wenigsten „funktionieren“. Wie gesagt: Es lebt vom authentischen Austausch auf Augenhöhe.
Es gibt die unterschiedlichsten Situationen rund um Instagram und Facebook, bei denen dir dein Perfektionismus im Weg steht. Möglicherweise hast du bisher nicht mal gemerkt, dass Perfektionismus dein „Problem“ ist. Deshalb liste ich mal ein paar Punkte auf, die mir immer wieder begegnen:
Wahrscheinlich wird dir klar: Perfektionismus ist sehr individuell und kann bei jedem oder jeder von uns etwas anders aussehen. Deshalb gibt es auch nicht den einen Weg, um unsere perfektionistischen Züge einzubremsen. Trotzdem habe ich ein paar Tipps gesammelt, die dir dabei helfen können, Social Media-Marketing in Zukunft effizienter zu nutzen: weniger Zeit, bessere Wirkung (weil du mehr Lust darauf haben wirst)!
Ja, es ist unangenehm, wenn du im Nachhinein feststellst, dass du einen Fehler im Text hast. Oder noch schlimmer: wenn es jemand anderes sieht und dich darauf aufmerksam macht.
Aber das ist kein Drama, davon geht die Welt nicht unter.
Außerdem bezweifle ich, dass du beim zehnten Mal Korrekturlesen noch Fehler bemerkst, die dir nicht schon beim zweiten Mal aufgefallen sind.
Mein Tipp dazu: Du schreibst deinen Text einmal vor, zum Beispiel in Word oder in einer Notizen-App. Du liest ihn direkt Korrektur. Dann fügst du ihn in die Business Suite oder direkt bei Instagram oder Facebook ein und liest ihn ein zweites Mal. Und dann reicht es. Wenn es dir häufiger passiert, dass sich Fehler in einzelne Wörter einschleichen, kann es hilfreich sein, wenn du den Text von hinten liest – Wort für Wort.
Ich bin ja Fan davon, Content zu batchen. Uuuuh, das klingt nach Marketing-Sprech, ich weiß. Sorry. Heißt einfach: Arbeite hintereinander weg. Erstell mehrere Grafiken hintereinander, schreib mehrere Texte am Stück und so weiter. Für diesen Fall nimmst du dir zum Beispiel alle zwei Wochen an einem Tag zwei bis drei Stunden Zeit und bereitest deine Beiträge für die nächsten zwei Wochen vor.
Wenn du lieber tagesaktuell arbeitest, kannst du dir auch feste Zeitfenster für einzelne Beiträge vornehmen, zum Beispiel eine halbe Stunde. Ich kann dir nur aus Erfahrung sagen, dass das tagesaktuelle Arbeiten mehr Zeit kostet als regelmäßige und längerfristige Planung.
So oder so: Achte darauf, dass dieses Zeitfenster nicht flexibel ist, sondern wirklich einen festen Anfang und ein festes Ende hat. Wenn diese Zeit verbindlich ist, muss der Perfektionismus automatisch hintenanstehen.
Nein, du brauchst nicht ständig ein neues Design oder eine neue Grafik. Dein Unternehmen lebt online und offline von Wiedererkennbarkeit und Beständigkeit. Es ist super, wenn jemand einen Blick auf deine Grafik wirft und direkt weiß, dass dieser Beitrag von dir kommt.
Vielleicht kommt es dir selbst irgendwann langweilig vor, das mag sein. Das betrifft aber in erster Linie dich selbst. Niemand kennt deinen Content so gut wie du und niemand hat so viele Berührungspunkte damit.
Mein Tipp: Bereite dir zwei, drei Vorlagen in einem ähnlichen und wiedererkennbaren Stil vor, die du immer wieder nutzen kannst. Mehr brauchst du nicht. Und das spart eine Meeeenge Zeit.
(Falls du das Tool noch nicht kennst: Ich kann „Canva“ dafür empfehlen. Canva lässt sich leicht und intuitiv bedienen und du kannst es kostenlos nutzen.)
Wenn du einen krassen Anspruch an deine Videos für die Sozialen Medien hast, dann ist die Gefahr relativ groß, dass daraus nicht viel wird. Es kostet sehr viel Zeit, verschiedenste Einstellungen zu drehen, das Ganze zu schneiden, perfekt und passend zur Musik wieder zusammenzusetzen etc. Am besten mit einer Profi-Kamera, damit du die Daten auch noch übertragen und alles am PC schneiden musst.
Entweder verbrennst du dadurch irre viel Zeit für deinen Content – oder du hörst schlicht und ergreifend bald wieder auf damit. Bestenfalls lässt du nur die Videos sein, schlimmstenfalls hast du gar keine Lust mehr auf Social Media. So oder so: Das kann nicht sinnvoll sein.
Wahrscheinlich ärgerst du dich sowieso am Ende, wenn dein Hochglanz-Video nach stundenlanger Arbeit fertig ist, aber kaum Reichweite bekommt oder nach 24 Stunden einfach nicht mehr gesehen wird. Vielleicht fallen dir dann die anderen Videos auf, in die so viel weniger Aufwand geflossen ist und die trotzdem viral gehen.
Meine Erfahrung ist nämlich, dass es oft die wenig „professionellen“ Videos sind, die auf einmal steil gehen. Sie sehen natürlicher aus, sind damit nahbarer und bauen weniger Distanz auf. Hochglanz-Videos versauern dafür manchmal irgendwo im sozialen Nirwana. Vielleicht weil sie zu perfekt sind.
Es darf wirklich simpel sein. Scroll dich mal durch den Reels-Feed und schau dir an, welche Videos du da siehst. Lass dich inspirieren.
Kunden von mir (@milcherei_henk) haben mit ihren Reels bisher immer mehrere tausend Menschen erreicht. Die Videos sind alle mit dem Smartphone gefilmt, ganz simpel und haben kaum bis gar keine Schnitte.
Wir kommen einfach nicht drum herum: Wir sind Menschen. Wir machen Fehler. So ist das Leben.
Ja, ich hätte das auch lieber anders. Fehlerfrei wäre schon etwas Schönes. Es ist aber schlicht und ergreifend nicht möglich. Ich kann meine Texte noch so oft durchlesen, ab und zu fällt mir der Fehler dann erst nach dem Posten auf. Gleichzeitig sehe ich Fehler in den Beiträgen anderer – und zweifle trotzdem nicht grundsätzlich an deren Kompetenz.
Fehler sind normal, Fehler sind menschlich. Sie machen uns auch sympathisch und nahbar. Perfektion kann dagegen langweilig sein und sorgt dafür, dass es keine Ecken und Kanten gibt, mit denen sich andere identifizieren können.
Also: Erlaub dir, Fehler zu machen. Das ist ok. Allein von dieser Erlaubnis wirst du noch nicht schludrig oder zu jemandem, dem alles egal ist.
Und wenn du das nächste Mal einen blöden Fehler im Text entdeckst (natürlich nach dem Posten), du dich in der Story verhaspelst oder im Video etwas zu hören ist, das eigentlich nicht zu hören sein sollte: Lach mal drüber! Passiert ist es ja eh schon, dann kannst du es auch gleich mit Humor nehmen.
(A propos Fehler: Im letzten Absatz stand übrigens auch nach der Veröffentlichung "wenn du einen blöden Text im Fehler entdeckst ..." Eine Followerin hat mich darauf hingewiesen und mir geschrieben, dass sie herzlich darüber lachen musste. Ich auch. Hab's aber natürlich trotzdem korrigiert.)
Das ist eine so schöne Idee, die ich in der Masterclass von Laura Kellermann gelernt habe: Wenn du eine Aufgabe erledigt hast und die besagten 80 Prozent erreicht hast – dann lass los. Das kann dir umso leichter fallen, wenn du dir vorstellst, dass du ein bisschen Universums-Glitzer darüberstreust. So nach dem Motto: „Jetzt bist du dran, Universum. Den Rest regelst du!“
Wenn du nicht so der Glitzer-Typ bist, kannst du auch Konfetti nehmen. Zum Beispiel „Weltraum-Konfetti“. Das hat mein Freund erfunden. Ein bisschen unfreiwillig. Er ist der technisch Begabte hier, Wörter kann er sich nicht immer so gut merken. So ist bei ihm aus „Universums-Glitzer“ eben „Weltraum-Konfetti“ geworden. Das ist aber mindestens genauso gut und funktioniert auch.
Streu also in deiner Vorstellung ein bisschen von irgendwas über deinen Beitrag und dann poste ihn einfach. Nicht noch lange zögern und nachdenken – einfach machen. Das wird dir mit der Zeit immer leichter fallen, weil du siehst: Es passiert nichts Wildes, selbst wenn du mal einen Fehler machst.
Ein paar Worte noch zum Schluss: Mein Eindruck ist, dass uns der Perfektionismus vor allem dann packt, wenn wir unsicher sind. Unsicher darüber, ob das Ergebnis zum gewünschten Erfolg führt. Unsicher, ob wir bei allen gut ankommen. (Spoiler: Das wird eh nix.)
Wir setzen auch „professionell“ oft mit „perfekt“ gleich. Dabei: Menschen können sehr professionell sein und gleichzeitig herrlich unperfekt. Das macht sie sympathisch.
Das ist letztlich das, worum es in den Sozialen Medien geht: Menschlichkeit. Sympathie. Natürlichkeit. Wir möchten uns dort mit Menschen verbinden, mit denen wir uns identifizieren können. Die uns ein Stück weit ähnlich sind.
Ja, klar. Es gibt auch die scheinbar perfekte Glitzerwelt mit Filtern, Luxus-Lifestyle und Jetsetter-Leben. Aber achte mal darauf: Selbst in den durchgephotoshopten Influencer-Feeds sind es die ehrlichen Momente, die die meiste Aufmerksamkeit bekommen: Tränen, Scheitern, keine Schminke.
Ich unterstütze selbstständige Berater:innen und Coaches dabei, online besser gefunden zu werden - und so zu ersten Wahl für ihre Zielgruppe zu werden.
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